Michail Chodorkowski war einer der reichsten Männer Russlands, der sein Vermögen in den 1990er Jahren gemacht hatte, indem er, wie viele andere in der damaligen Umbruchszeit auch, das Privatisierungsprogramm des Landes nutzte. Der Oligarch und Vorstandsvorsitzender des Ölkonzerns Yukon wurde im Jahr 2003, nach einem vor laufenden Fernsehkameras ausgetragenen Disput mit Putin über Korruption, wegen Steuerhinterziehung und Betrugs verhaftet und verurteilt. Er verbrachte zehn Jahre in einem Straflager in Sibirien und in einem Moskauer Gefängnis, bevor er 2013 nach einem Gnadengesuch überraschend freigelassen wurde
„Meine Mitgefangenen“ besteht aus einer Sammlung von drei- bis fünfseitigen Portraits von Mithäftlingen, aber auch von Wärtern und Ermittlern. Die berührenden Schilderungen zeichnen Bilder von einfachen und oft zerstörten Menschen und entlarven zugleich das korrupte russische Justizsystem. Chodorkowski schrieb diese Texte in den Jahren 2010 bis 2013 im Gefängnis und veröffentlichte sie in der Oppositionszeitung The Moskau Times. In Deutschland erschienen die Gefängnisportraits in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
In den Geschichten wird klar, dass Menschen oft für Verbrechen verurteilt werden, die sie nicht begangen haben. Chodorkowski kritisiert die Zustände in den russischen Gefängnissen, die überfüllt und unhygienisch sind. Sein Buch zeichnet ein lebhaftes Bild des Gefängnislebens, von den schmutzigen Bedingungen bis hin zur brutalen Behandlung der Insassen durch die Wärter, er beschreibt aber auch die Kameradschaft unter den Häftlingen und wie sie gegenseitig aufeinander achteten.
Ds Buch fand große Beachtung und wurde auch wegen seiner literarischen Qualität gelobt.
Chodorkowski ist nach wie vor eine umstrittene Figur. Manche sehen in ihm einen Helden, der die Korruption der russischen Regierung anprangerte und sich weigerte, zum Schweigen gebracht zu werden. Andere sehen ihn als gierigen Geschäftsmann, der das Chaos der postsowjetischen Ära ausnutzte. Chodorkowski verließ Russland im Jahr 2014 und ließ sich zunächst in der Schweiz nieder. Seit 2015 lebt er in London. Er und äußert sich immer wieder öffentlich kritisch zu Russland, zu Putin und dem Ukrainekrieg.