Werner Plumpe hat mit seinem Werk „Carl Duisberg; Anatomie eines Industriellen“ ein höchst lesenswertes Stück deutscher Wirtschaftsgeschichte vorgelegt. Die Biografie über Carl Duisberg, den bedeutendsten Industriellen seiner Zeit, gibt einen einzigartigen Einblick in das Wirken und Denken des Mannes, der die moderne chemische Industrie in Deutschland begründete.
Die Basis dieser Studie bildet umfangreiches Quellenmaterial von über 25.000 erhaltenen Briefen. Plumpe rekonstruiert die Karriere von Duisberg, einem Bildungsaufsteiger aus Heimarbeitsmilieu, der seinen Weg von den Farbenfabriken Bayer an die Spitze der deutschen Industrie und in die höchsten Kreise der deutschen Gesellschaft fand.
Plumpe zeichnet das Leben Duisbergs nach, er beschreibt seine Karriere und politische Haltung und seine gesellschaftlichen Verbindungen. So entfaltet sich an der Gestalt des Industriellen das ganze Panorama einer Epoche, die geprägt war von politischen Umbrüchen, Krieg und wirtschaftlicher Entwicklung.
Duisberg wurde 1861 in eine Arbeiterfamilie hineingeboren und musste früh Verantwortung für seine Familie übernehmen. Bereits in jungen Jahren erkannte er den Wert von Bildung und setzte alles daran, sich Wissen anzueignen. Nach seinem Studium der Chemie in Straßburg arbeitete er für verschiedene Unternehmen, bevor er 1903 zu Bayer wechselte. Dort übernahm er als Generaldirektor die Führung des Unternehmens und machte es zur größten Chemiefabrik Europas. 1925 gründete er die I.G. Farbenindustrie AG, eines der umstrittensten Gebilde der deutschen Unternehmensgeschichte.
Die politisch-ideologischen Überzeugungen von Duisburg wechselten. In den 1920er Jahren engagierte er sich für eine Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich, während er in den 1930er Jahren der nationalsozialistischen Ideologie immer mehr verfiel. Sein plötzlicher Tod im Jahr 1935 verhinderte, dass er noch tiefer in den Sog des Nationalsozialismus geriet.
„Carl Duisberg: Anatomie eines Industriellen“ ist ein beeindruckendes Porträt eines Mannes, der die chemische Industrie in Deutschland maßgeblich und nachhaltig prägte. Werner Plumpe versteht es, den Menschen Carl Duisberg in den Kontext seiner Zeit zu stellen und die politischen und gesellschaftliche Entwicklungen einzubeziehen.
Werner Plumpe, geboren 1954 in Bielefeld, ist Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main und hat bereits zahlreiche Werke zur deutschen Wirtschaftsgeschichte veröffentlicht. 2010 erschien „Wirtschaftskrisen: Geschichte und Gegenwart“, 2012 „Wie wir reich wurden“ (mit Rainer Hank) und 2014 „Die Grosse Depression“ (mit Jan-Otmar Hesse und Roman Köster). Mit „Carl Duisberg. Anatomie eines Industriellen“ legt er erneut ein höchst lesenswertes Werk vor.