Ita Wegman und Marie Steiner – zwei Namen, die untrennbar mit der Anthroposophie und Rudolf Steiner verbunden sind. Die beiden Frauen waren nicht nur Weggefährtinnen, sondern auch Konkurrentinnen und Schicksalsgenossinnen. Gunna Wendt hat mit „Ita und Marie“ eine Doppelbiografie der beiden Anthroposophinnen geschrieben und gibt uns Einblick in das Leben und Schaffen zweier außergewöhnlicher Frauen.
Das Buch ist in sechs Kapitel unterteilt, die chronologisch das Leben von Ita Wegman und Marie Steiner beschreiben. Marie war die Ehefrau des großen Anthroposophen und Mitentwicklerin der Eurythmie. Ita Wegmann war Ärztin und begründete mit Steiner die anthroposophische Medizin. Sie war die Geliebte Steiners und seine Pflegerin in seinen letzten Lebensjahren.
Schon früh wird deutlich, dass Marie Steiner und Ita Wegman sehr unterschiedliche Persönlichkeiten waren, die aber dennoch ein gemeinsames Ziel verfolgten. Während Marie eher im Hintergrund agierte und sich dem Wirken ihres Mannes widmete, war Ita Wegman eine innovative Gründerin, die sich als Ärztin einen Namen machte, doch auch immer wieder mit Depressionen kämpfte.
Besonders aufschlussreich sind die Kapitel über die Zeit, die Ita Wegman und Marie Steiner gemeinsam mit Rudolf Steiner verbrachten. Hier zeigt sich, wie tief die Beziehung der beiden Frauen zu Steiner war und wie sie ihn in seinem Wirken unterstützten. Auch der Einfluss, den die beiden auf die Anthroposophie und die Eurythmie hatten, wird hier deutlich.
Zwischen den beiden Frauen gab es Konflikte und Eifersucht, die Gunna Wendt sehr sensibel beschreibt. Auch die Rolle von Edith Maryon, einer weiteren Weggefährtin Steiners, wird thematisiert, und sie verdeutlicht, wie eng das Beziehungsgeflecht innerhalb der anthroposophischen Bewegung war.
Ita Wegman, die bis zuletzt an Steiners Seite war, erlebte nach seinem Tod eine tiefe Trauer und schließlich eine spirituelle Erleuchtung, die sie in ihrer Arbeit bestärkte. Marie Steiner musste sich mit ihrer neuen Rolle als Witwe auseinandersetzen, und sie versuchte, das Werk ihres Mannes weiterzuführen. Sie verwaltete Steiners literarischen und künstlerischen Nachlass und es ist vor allem ihr Verdienst, dass sein Werk unverändert und als Einheit herausgegeben werden konnte.
Gunna Wendt hat mit „Ita und Marie“ eine beeindruckende Doppelbiografie geschrieben, die nicht nur Einblicke in das Leben und Schaffen dieser beiden außergewöhnlichen Frauen gibt, sondern auch in die Anfänge der Anthroposophie und die Beziehungen innerhalb der Bewegung. Das Buch zeichnet sich auch durch die differenzierte Darstellung der beiden Frauen und ihrer Beziehungen zueinander aus.
Gunna Wendt, geboren 1953 bei Hannover, ist Soziologin und Psychologin. Sie schrieb ihre Magisterarbeit über Paula Modersohn-Becker. Seit 1981 lebt sie als freie Autorin, Publizistin und Kuratorin in München. Neben Arbeiten für Theater und Rundfunk veröffentlichte sie mehrere Bücher, darunter Biographien über Liesl Karlstadt, Helmut Qualtinger und Maria Callas.