„Wer war Ingeborg Bachmann?“, von Ina Hartwig ist eine faszinierende und aufschlussreiche Biografie über eine der bedeutendsten und einflussreichsten deutschsprachigen Autorinnen des 20. Als Schülerin von Martin Heidegger wurde Ingeborg Bachmann (1926–1973) zu einer wichtigen Stimme in der Nachkriegsliteratur. Ihr Werk hat Generationen von Schriftstellern und Denkern beeinflusst.
Ina Hartwigs Buch ist eine umfassende Untersuchung von Bachmanns Leben und Werk. Sie erforscht ihre komplexen Beziehungen zu Persönlichkeiten wie Paul Celan und Max Frisch und zeigt, wie sie zu Lebzeiten mit den Medien umgegangen ist. Die Autorin zeichnet Bachmanns Leben von der Kindheit bis zu ihrem mysteriösen Tod im Jahr 1973 anhand von Interviews mit denjenigen nach, die sie am besten kannten. Darunter Hans Magnus Enzensberger, Martin Walser und Henry Kissinger – und durch sorgfältige Recherchen in Archiven, die persönliche Tagebücher, Briefe, Zeitungsartikel und andere Dokumente enthalten, die die Geschichte dieser bemerkenswerten Frau erzählen.
Hartwig zeichnet ein lebendiges Porträt einer willensstarken Frau, die keine Skrupel hatte, sich zu äußern oder die öffentliche Meinung herauszufordern. Sie war zum Beispiel eine der wenigen weiblichen Intellektuellen, die den Nationalsozialismus nach dem Zweiten Weltkrieg offen kritisierten. Sie sprach sich auch gegen die Unterdrückungspolitik in anderen Ländern aus – vor allem in Österreich – und unterstützte gleichzeitig feministische Anliegen wie die Lohngleichheit für Frauen. Daher wurde sie als „Stimme für soziale Gerechtigkeit“ bezeichnet, die mit ihren Schriften auf Themen aufmerksam machte, die auch heute noch relevant sind.
In „Wer war Ingeborg Bachmann?“ gelingt es Hartwig, ein komplexes Bild dieser bemerkenswerten Schriftstellerin zu zeichnen und gleichzeitig einen kritischen Einblick in das zu geben, was Bachmann so einzigartig machte – ihre Fähigkeit, Literatur und Politik zu verbinden, ohne dabei Integrität oder künstlerischen Ausdruck zu opfern. Dieses Buch ist nicht nur ein Muss für alle, die mehr über diese Schlüsselfigur erfahren wollen, sondern auch ein unschätzbarer Beitrag zu unserem Verständnis der Literatur des 20. Jahrhunderts.
Ina Hartwig ist Historikerin an der ETH Zürich und beschäftigt sich hauptsächlich mit der modernen europäischen Geschichte ab 1945. Sie hat sowohl einen MSc-Abschluss in Geschichte von der Humboldt-Universität Berlin als auch einen Doktortitel von der ETH Zürich, wo sie ihre Dissertation zum Thema „The Transformation Trajectory between 1945–1980“ schrieb. In der untersuchte sie, wie sich Westdeutschland in diesem Zeitraum durch Bildungsreforminitiativen in Schulen in ganz Europa vom Nationalsozialismus zur Demokratie wandelte. Ihre aktuelle Forschung konzentriert sich auf den Wandel nationaler Identitätsnarrative in Europa seit 1945 und untersucht dabei Themen wie Migrationspolitik und Außenbeziehungen.