Kurt Wöss‘ „Ich ritt auf Tennos Pferd – Japanische Kontrapunkte, Japan von einem Musiker erlauscht“ ist ein außergewöhnlicher Bericht über seine Erfahrungen als erster Österreicher, der in den 1950er Jahren zum Chefdirigenten des wichtigsten Orchesters in Japan ernannt wurde.
Wöss wurde bei seiner Ankunft mit diplomatischen Ehren und Fanfaren empfangen und schildert seine Erlebnisse in Japan mit nachdenklichen Details und Einblicken in das Alltagsleben. Seine Beobachtungen zu verschiedenen Aspekten der Kultur wie Essen, Bräuche, Musik und Literatur zeugen von einem tiefen Verständnis für das Land, seine Menschen und ihre Lebensweise.
Das Buch ist auch ein wertvolles Dokument darüber, wie Österreich nach dem Krieg im Ausland wahrgenommen wurde, und bietet den Leserinnen und Lesern einen Einblick in die Sichtweise einer fremden Nation auf die Ereignisse im eigenen Land. Wöss‘ Schreibstil ist fesselnd und leicht nachvollziehbar; er beschreibt anschaulich das Alltagsleben, ohne in blumige Sprache oder Klischees zu verfallen.
Im Laufe des Buches vergleicht Wöss verschiedene Elemente zwischen Österreich und Japan. Allein seine Erörterung der Musik zeigt ein beeindruckendes Wissen über die Musikstile beider Länder; er geht sogar so weit, dass er auf Ähnlichkeiten zwischen dem berühmten Wiener Walzer und einigen traditionellen japanischen Tänzen hinweist. Er bietet einzigartige Perspektiven auf beide Kulturen, ohne jemals herablassend zu behaupten, welche von beiden überlegen ist.
Kurt Wöss wurde 1919 in Wien geboren und studierte Musik an Hochschulen in ganz Europa, bevor er seine Berufung nach Japan annahm. Nachdem er 1955 nach Österreich zurückgekehrt war, wurde er zu einem der größten Dirigenten seiner Generation und leitete Orchester wie die Wiener Philharmoniker, die Berliner Philharmoniker, das Gewandhausorchester Leipzig und das London Symphony Orchestra. Neben seiner Tätigkeit als Dirigent war er auch als Professor für Dirigieren an Universitäten in ganz Europa tätig und veröffentlichte später Bücher über Theorie und Praxis des Musizierens, die auch heute noch hoch angesehen sind.
Kurt Wöss hat mit „Ich ritt auf Tennos Pferd – Japanische Kontrapunkte, Japan von einem Musiker erlauscht“ ein beeindruckendes Vermächtnis hinterlassen. Dieser einzigartige Reisebericht bietet den Leserinnen und Lesern nicht nur einen Einblick in eine andere Kultur, sondern auch eine Momentaufnahme aus einer Zeit, die es nicht mehr gibt – und ist damit von unschätzbarem Wert für alle, die mehr über diese besondere Epoche der Geschichte erfahren möchten.