Billie Holiday gehört zweifelsohne zu den größten Jazzsängerinnen aller Zeiten. Mit ihrer unverwechselbaren Stimme und ihren berührenden Interpretationen hat sie Musikgeschichte geschrieben und generationsübergreifend Fans begeistert. Doch hinter ihrem Erfolg verbirgt sich auch eine bewegte Lebensgeschichte, die sie in ihrer Autobiografie „Lady sings the Blues“ eindrücklich und schonungslos offenlegt.
Das Buch beginnt mit der beschriebenen Aussage von Billie Holiday, dass sie das Wort „Hunger“ so singt wie kein anderer. Tatsächlich ist Hunger ein prägendes Thema ihrer Kindheit und Jugend, die von Armut, Vernachlässigung und Gewalt geprägt ist. Sie wächst in Baltimore auf und landet früh auf Welfare Island, einer Insel vor New York, auf der sich ein staatliches Krankenhaus und eine psychiatrische Anstalt befinden. Hier wird sie zunächst gegen ihren Willen untergebracht und später als junge Frau erneut behandelt. Doch trotz aller Widrigkeiten findet sie Hoffnung und Trost in der Musik und beginnt ihre Karriere als Sängerin.
Im weiteren Verlauf erzählt Billie Holiday von ihren Erfahrungen als schwarze Künstlerin in den USA der 1930er und 1940er Jahre. Sie beschreibt ihre Begegnungen mit Rassismus und Diskriminierung, ihre Erfolge und Niederlagen im Musikgeschäft und ihre privaten Beziehungen, darunter auch ihre berüchtigte Affäre mit dem Drogengangster „Bumpy“ Johnson. Dabei spart sie weder mit persönlichen Details noch mit kritischen Analysen ihrer eigenen Fehler und Schwächen.
Was „Lady sings the Blues“ von vielen anderen Autobiografien unterscheidet, ist die Sprache. Billie Holiday schreibt in einem eigenen Stil, der geprägt ist von ihrer musikalischen Ausdrucksweise und ihrer poetischen Begabung. Sie verwendet viele Metaphern und Bilder, die das Erlebte lebendig werden lassen und einen mitfühlen lassen. Dabei verliert sie jedoch nie den Bezug zur Realität und lässt auch die politische und soziale Situation der damaligen Zeit nicht außer Acht.
„Lady sings the Blues“ ist eine eindrucksvolle und bewegende Autobiografie, die sowohl musikbegeisterte als auch an historischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen interessierte Leserinnen und Leser anspricht. Das Buch zeigt einerseits die Person hinter dem Mythos Billie Holiday, andererseits aber auch die gesellschaftlichen Missstände und Diskriminierungen, mit denen sie sich als schwarze Frau und Künstlerin auseinandersetzen musste.
Abschließend noch ein paar interessante Fakten zum Autor. Billie Holiday wurde am 7. April 1915 in Philadelphia geboren und starb am 17. Juli 1959 in New York City. Ihr bürgerlicher Name lautete Eleanora Fagan. Ihren Künstlernamen Billie Holiday erhielt sie von einer Produzentin, die den Namen einer Filmkomödie als Inspiration nahm. Holiday hatte neben ihrer Karriere als Sängerin auch Erfolge als Schauspielerin und veröffentlichte mehrere Bücher und Schallplatten. Sie gilt bis heute als Ikone des Jazz und des „Swing Era“ und hat zahlreiche Musiker und Musikerinnen inspiriert.