Home Biografien & Erinnerungen Ulrike Meinhof: Die Biografie von Jutta Ditfurth

Ulrike Meinhof: Die Biografie von Jutta Ditfurth

by BuecherKatze

Wer an die „Rote Armee Fraktion“ (RAF) denkt, dem kommen unweigerlich die Bilder von brennenden Autos und explodierenden Bomben in den 70er Jahren in den Sinn. Eine Gruppe radikaler Linksextremisten wollte die politische und soziale Grundordnung des deutschen Staates und seine Institutionen mit Mitteln des Terrorismus verändern.

Ulrike Meinhof – Mitgründerin der RAF, politische Aktivistin und Journalistin – war eine der prominentesten Figuren des linken, militanten Widerstands gegen den Staat in den 1960er und 1970er Jahren. Wer war sie? Was trieb sie an und warum endete ihr Leben in einer Gefängniszelle?

Die Publizistin Jutta Ditfurth hat sich sechs Jahre lang mit dieser Frage beschäftigt und eine umfassende Biografie über Ulrike Meinhof geschrieben. Dabei ist es ihr gelungen, völlig neue Zusammenhänge in Meinhofs Lebensgeschichte aufzuzeigen und den Leserinnen und Lesern ein differenzierteres Bild von Meinhof und der RAF zu vermitteln.

Geboren 1934 in Oldenburg, wuchs Ulrike Meinhof in behüteten, bürgerlichen Verhältnissen auf und studierte später Germanistik und Romanistik in Hamburg. Bereits während ihres Studiums bildete sie sich politisch weiter und engagierte sich in linken Gruppen. Nach der Heirat mit dem Bildjournalisten Klaus Rainer Röhl arbeitete sie als Journalistin und Autorin für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen.

Es waren vor allem die politischen Ereignisse der sechziger Jahre, die Meinhof immer stärker politisierten. Der Krieg in Vietnam, die Studentenbewegung und die Notstandsgesetze der Bundesregierung waren für sie der Anlass, aktiv in die Politik einzusteigen. 1970 tauchte sie unter und gründete mit Andreas Baader und Gudrun Ensslin die RAF, um gegen das herrschende System zu kämpfen.

Ditfurth beschreibt in ihrem Buch sehr detailliert, wie Meinhof zur RAF-Frau wurde und warum sie sich letztendlich für den bewaffneten Kampf entschied. Dabei geht sie auch auf die Rolle von Andreas Baader und Gudrun Ensslin ein, die beiden Mitgründer der RAF. Ditfurth argumentiert, dass Meinhofs politische Überzeugungen und Einschätzungen der Lage in der Bundesrepublik sich durchaus von denen ihrer Kollegen unterschieden hätten.

Ditfurth beschreibt Meinhofs politische Motivationen sehr feinfühlig, ohne dabei ihre Gewalttaten zu rechtfertigen oder zu relativieren. Sie zeigt auch auf, wie stark Meinhof in ihrem Denken von den Ideen des italienischen Philosophen und RAF-Sympathisanten Antonio Gramsci beeinflusst war.

Neben der persönlichen Geschichte von Ulrike Meinhof und der Entwicklung der RAF liefert Ditfurth auch wichtige Einblicke in die gesellschaftlichen Hintergründe der damaligen Zeit. Die Bundesrepublik Deutschland steckte bis in die siebziger Jahre hinein in den Krisen und Umbrüchen der Nachkriegszeit. Der Versuch, sich als stabiler und demokratischer Staat zu etablieren, stand unter dem Schatten der deutschen Vergangenheit und des Kalten Krieges. Diese Stimmungslage führte letztendlich auch zur Entstehung der RAF.

Ditfurth liefert eine sehr ausgewogene Biografie über eine der interessantesten und am meisten diskutierten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte. Respektvoll nähert sie sich der Person Meinhofs, ohne ihre politischen Taten zu glorifizieren oder zu verurteilen.

Jutta Ditfurth ist Soziologin, Publizistin und politische Aktivistin. In den achtziger Jahren war sie Bundesvorsitzende der Grünen, trat 1991 aus und gründete im selben Jahr die Ökologische Linke mit. Zu ihren zahlreichen Veröffentlichungen gehören, neben der Biografie über Ulrike Meinhof, „Krieg, Atom, Armut. Was sie reden, was sie tun: Die Grünen“(2011); „Der Baron, die Juden und die Nazis. Adliger Antisemitismus „(2015).

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