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Nicht Jugendfrei! Tagebuch aus West-Berlin von Jörg Buttgereit

by BuecherFuchs

Jörg Buttgereit ist vielen als Regisseur und Autor von Horror- und Splatterfilmen bekannt, die oft von Kritikern und Zensurbehörden heftig umstritten sind. Mit seinem Buch „Nicht Jugendfrei! Tagebuch aus West-Berlin“ gibt er uns nun einen Einblick in sein Leben und seine Sozialisation in der subkulturellen Szene West-Berlins. Dabei geht es um seine Leidenschaft für Kino, Musik und Kunst, aber auch um seine persönlichen Erfahrungen als Teil der Punk- und New-Wave-Bewegung in den späten 70er und frühen 80er Jahren.

Das Buch ist in Tagebuchform geschrieben und erstreckt sich über den Zeitraum von 1977 bis 1983. Buttgereit beschreibt darin seine ersten Horror- und Monsterfilme, die er als Kind in den Bezirkskinos von West-Berlin gesehen hat. Besonders prägend für ihn waren Filme von Regisseuren wie George A. Romero, James Whale und Tod Browning. Diese Filme haben ihn nicht nur in seiner kreativen Arbeit als Regisseur beeinflusst, sondern auch sein Weltbild und seine Ästhetik geprägt.

Auch die Musik spielte eine große Rolle in Buttgereits Leben. Er beschreibt, wie er als Jugendlicher Konzerte von Bands wie Queen, Kiss oder Led Zeppelin besuchte und später in die subkulturelle Musik- und Kunstszene West-Berlins hineinwuchs. Dabei erlebte er hautnah die Umbrüche und Aufbrüche der Zeit: die Punk-Revolution, die Entstehung der New Wave und Gothic-Szene und den Beginn des Industrial. Er nahm an wilden Konzerten von The Clash, den Dead Kennedys und Throbbing Gristle teil, die ihn in seinen künstlerischen Ambitionen und seiner politischen Haltung prägten.

Buttgereit war nicht nur ein Beobachter dieser subkulturellen Bewegungen, sondern auch ein aktiver Teil davon. Er verkaufte selbstgemachte Fanzines, organisierte Konzerte und gründete später seine eigene Filmproduktionsfirma. In der Off-Kino-Szene entdeckte er früh die Filme von Regisseuren wie John Waters und David Lynch, die ihn zu seinem umstrittenen Underground-Klassiker „Nekromantik“ inspirierten.

Das Tagebuch von Buttgereit ist jedoch kein nostalgischer Rückblick auf vergangene Zeiten, sondern eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Jugend und der Rolle, die er darin spielte. Er beschreibt auch die dunklen Seiten dieser Bewegung, wie Gewalt, Drogen und Ausgrenzung. Dabei bleibt er jedoch stets reflektiert und selbstkritisch und zeigt ein tiefes Verständnis für die Komplexität dieser Zeit und ihrer Folgen.

„Nicht Jugendfrei!“, ist ein faszinierendes Zeitdokument, das nicht nur für Fans von Jörg Buttgereit und der subkulturellen Szene West-Berlins interessant ist, sondern auch für alle, die sich für die Geschichte der Popkultur und die Entstehung von Untergrundbewegungen interessieren. Das Buch ist dabei nicht nur ein Beispiel für Buttgereits beeindruckende Erzählkunst, sondern auch für seine tiefgreifende kulturelle Bedeutung.

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