Saša Stanišićs Roman „Herkunft“ ist ein eindrückliches und trauriges Portrait des kriegsgebeutelten Jugoslawiens. Der Autor lädt den Leser auf eine Reise in die Vergangenheit ein, auf der er nicht nur auf die schmerzhaften Erinnerungen an den Krieg stößt, sondern auch tiefgründige Einblicke in das Leben der Menschen im damaligen Jugoslawien erhält.
Die Geschichte beginnt mit dem Aufwachsen von Saša und seinen Freunden in Vukovar, einem Ort in Kroatien. Die Gruppe erfährt viel über das historische Erbe ihrer Heimatstadt und entdeckt allmählich die Schönheit der unterschiedlichsten Kulturen, Geschichten, Sprachen und Religionen. Nachdem sie jahrelang miteinander gelebt haben, geraten sie plötzlich mitten hinein in einen blutigen Bürgerkrieg. Mit ihrem unerschrockenen Mut rührt sie die Leser mit ihrer tröstlichen Geschichte zu Tränen, als wir verstehen, wie schwer es für die Menschen war, diese schreckliche Zeit zu überstehen.
Der Autor vermittelt dabei eindringlich die Auswirkungen des Krieges auf die betroffenen Menschen und deren Familien. Dabei zeigt uns Saša Stanišić nicht nur die Verluste des Krieges auf – er tut dies durch poetische Beschreibungen der Landschaft des Landes – sondern gibt dem Leser auch Einblick in das Leben vor dem Krieg: Wir spüren Gemeinsamkeit und Freude sowie Hoffnungen und Träume der Figuren. Dieser emotionale Wechsel zwischen Gefühlen zu Beginn des Buches bis hin zu der schmerzhaften Realität des Krieges am Ende macht „Herkunft“ zu einem ganz besonderen Werk.
Saša Stanišić selbst ist bosnischer Herkunft und floh mit 17 Jahren vor dem jugoslawischen Bürgerkrieg nach Deutschland. Seine persönliche Erfahrung mit den Folgen dieser Zeit prägt seine Arbeit als Autor maßgeblich: In seinem Roman zeigt er uns beispielsweise wie wichtig es ist über Grenzen hinauszudenken – etwas, was manche heute leider immer noch nicht verstanden haben. Auch wenn „Herkunft“ großenteils fiktionale Elemente beinhaltet, so präsentiert es doch Stanišićs Perspektive als Bosnie/Kroate nach Deutschland gegangener Flüchtling, auf emotionalste Weise wider.
Der Roman ist einer der intelligentesten, geistsprühendsten und formal innovativsten Bücher. Eines der emotionalsten Werke Saša Stanišićs, das uns vielleicht mehr als alles andere aufzeigt, welche Auswirkungen Gewalt hat – sowohl körperlich als auch emotional und psychisch – aber gleichzeitig Mut macht für neue Hoffnung trotz alledem was passiert ist. Mit diesem starken Werk hat Saša Stanišić gezeigt, welche Kraft es mitunter braucht, um trotz Widrigkeiten stark zu bleiben – eines von vielen Themen, die man beim Lesen erspürt aber gleichermaßen auch in seiner Biografie als Flüchtling findet!