„Das Mädchen mit dem Poesiealbum“ von Bart van Es ist ein fesselndes und emotional aufwühlendes Buch über eine Geschichte, die so ungewöhnlich wie ergreifend ist. Es geht um das Verstecken eines jüdischen Mädchens aus den Händen der Nazis durch eine holländische Familie während des 2. Weltkrieges. Was das Buch besonders berührend macht, ist die Tatsache, dass es sich nicht um eine fiktive Erzählung handelt, sondern um eine wahre Begebenheit, die Autor Bart van Es eng mit seiner eigenen Familiengeschichte verknüpft.
In „Das Mädchen mit dem Poesiealbum“ erzählt van Es die Geschichte seiner Großeltern, die in ihrer Bescheidenheit und Menschlichkeit ein jüdisches Kind vor der Deportation gerettet haben. Der Leser begleitet die kleine Lien auf ihrer Odyssee der Verstecke und erfährt dabei auch von den Schwierigkeiten und Ängsten, die sie dabei auszuhalten hatte. In dem Buch kommen sowohl historische Fakten als auch persönliche Geschichten von Überlebenden des Holocausts zur Sprache und es gibt auch berührende Einblicke in die Nachkriegszeit, in der Lien von ihrer Familie adoptiert wird.
Van Es versteht es, die Ereignisse anschaulich und einfühlsam zu beschreiben und schafft es, die Spannung aufrecht zu erhalten. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Geschichte an sich, sondern auch um die Frage, warum Bart van Es erst so spät von Liens Schicksal erfahren hat, obwohl sie doch gemeinsam mit seinem Vater und dessen Geschwistern aufgewachsen ist. Die Gründe dafür sind komplex und berühren auch Themen wie Schuld, Vertrauen und Heimlichkeit.
Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen. Van Es beschreibt die Orte und Personen lebendig und detailreich, sodass man das Gefühl hat, Teil der Geschichte zu sein. Gleichzeitig gibt es aber auch Stellen, an denen der Text fast zu sachlich und distanziert wirkt, was jedoch auch der Ernsthaftigkeit des Themas geschuldet sein kann.
Am Ende des Buches gibt es ein Nachwort, in dem sich van Es zu der Entstehungsgeschichte des Buches äußert und erklärt, was ihn dazu bewogen hat, diese Geschichte aufzuschreiben. Er hat diese bewegende Geschichte als Teil seiner eigenen Familiengeschichte recherchiert und erhielt dafür den Biografiepreis der renommierten Costa Book Awards sowie das mit 30.000 £ dotierte Costa Book of the Year.
Bart van Es ist ein renommierter Professor für Englische Literatur an der Universität Oxford, der bereits an der Universität Cambridge promoviert hat. Er hat zahlreiche Publikationen zur englischen Sprach- und Literaturgeschichte der Renaissance und Neuzeit verfasst.
Insgesamt ist „Das Mädchen mit dem Poesiealbum“ ein beeindruckendes Buch, das die Geschichte des Holocausts aus einem ungewöhnlichen und persönlichen Blickwinkel betrachtet. Es ist eine wichtige Erinnerung an die Gräueltaten der Vergangenheit und ein Appell an die Menschlichkeit in Zeiten der Gewalt und des Hasses.