Erich Hackls „Abschied von Sidonie“ erzählt die bewegende Geschichte eines Mädchens, das 1933 in einem Krankenhaus in Steyr aufgefunden wird. Das Kind, vermutlich von der eigenen Mutter ausgesetzt, ist in Lumpen gewickelt und hört auf den Namen Sidonie Adlersburg.
Die Geschichte von Sidonie wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt: aus Sicht des Pförtners, des Krankenhauspersonals, aber auch der Juden, die zu dieser Zeit in Österreich zunehmend diskriminiert und verfolgt wurden. Hackl gelingt es, die Stimmungen der damaligen Zeit anschaulich darzustellen und dem Leser so einen Einblick in die politischen Verhältnisse Österreichs zu gewähren.
Doch „Abschied von Sidonie“ ist mehr als nur ein historischer Roman. Hackl berichtet auch von der Suche nach Sidonie, die sich als äußerst schwierig herausstellt. Der Leser begleitet die Ermittlungen der Polizei, erfährt von den zahlreichen Irrwegen, die bei der Suche beschritten werden, und wird Zeuge des Schicksals von Sidonies Eltern.
Erich Hackls Schreibstil ist einfach und prägnant. Er versteht es, die Spannung aufrechtzuerhalten und den Leser bis zum Schluss zu fesseln. „Abschied von Sidonie“ ist ein Roman, der unter die Haut geht und noch lange nachklingt. Er erinnert daran, dass wir in einer Zeit leben, in der wir uns aktiv gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzen müssen.
Erich Hackl selbst hat in seinem Leben schon viel erlebt. Er wurde 1954 in Steyr geboren und wuchs in einer Arbeiterfamilie auf. Nach seinem Studium der Germanistik und Romanistik arbeitete er viele Jahre als Lehrer. Bereits in den 1970er Jahren begann er, sich als Schriftsteller zu etablieren. Sein Durchbruch gelang ihm dann 1987 mit dem Roman „Auroras Anlaß“. Für seinen Roman erhielt Hackl den „Aspekte“-Literaturpreis des ZDF.
„Abschied von Sidonie“ gehört zu den bekanntesten Werken Erich Hackls und ist ein berührender Roman über die Suche nach Identität und die Macht von Erinnerungen. Wer sich für die Geschichte Österreichs interessiert und sich von historischen Romanen begeistern lässt, sollte dieses Buch unbedingt lesen. Es ist nicht nur ein literarisches Meisterwerk, sondern auch ein wichtiges Zeugnis der Zeitgeschichte.