David Gutersons Roman „Schnee, der auf Zedern fällt“ ist kein gewöhnlicher Krimi. Der Inhalt besteht nicht nur aus der Aufklärung eines Mordes, sondern er behandelt die tragische Geschichte hinter einem Mann, dessen Leben von Vorurteilen und Diskriminierung geprägt war.
Die Story spielt im Jahr 1954 auf der Insel San Piedro, einer kleinen Insel vor der Nordostküste Amerikas. Der deutschstämmige Lachsfischer Carl Heine wird eines Tages tot in seinen Netzen hängend aufgefunden. Der japanischstämmige Kabuo Miyamoto, einstiger Schulfreund von Carl, wird des Mordes angeklagt. Ishmael Chambers, ein in der Journalismus Branche tätiger Inselbewohner, berichtet über das Geschehen und versucht durch seine Recherche den tatsächlichen Tathergang aufzudecken. Dabei zeigt sich jedoch immer mehr, dass auch andere Faktoren eine Rolle spielen, wie beispielsweise Kriegsgedanken und -erfahrungen, Vorurteile, Ängste und Rache.
Das Buch ist in seinem Aufbau sehr kunstvoll. Die Rückblenden sind sehr gekonnt in die eigentliche Geschichte eingefügt und sorgen so für einen gewissen Blickwinkel, was das ganze Geschehen noch tragischer werden lässt. Der Schreibstil des Autors ist poetisch, melancholisch und beschreibt die Landschaft der Insel und deren Bewohner auf eine sehr bildhafte Weise. Besonders auffällig ist, dass Guterson stets auf einen Ausgleich zwischen Beschreibung und Handlung wert legt. Das Buch liest sich trotz aller Traurigkeit sehr flüssig und man kann sich als Leser wunderbar in die Protagonisten hineinversetzen.
David Guterson zieht den Leser damit auch in Strudel aus Schuld und Rache, und beleuchtet vielschichtig und psychologisch die Wechselwirkungen zwischen der Schuld des Einen und der Rache des Anderen. Auf der Suche nach der Wahrheit des Fundes schaut er zudem auch auf das Thema Rassendiskriminierung, die zu jener Zeit den japanischen Einwanderern das Leben schwer gemacht hat.
Insgesamt kann man sagen, dass das Buch ein Meisterwerk ist, das noch lange im Gedächtnis bleibt. Guterson liefert unter anderem ein bewegendes, tiefgreifendes Portrait der Amerikanischen Gesellschaft in den fünfziger Jahren. Das Buch macht sich auch in seiner Schlichtheit sehr gut lesbar und die Farbigkeit der Figuren, deren innerer Widerspruch und die Schicksale, die im Lauf der Handlung aufgedeckt werden, geben dem Buch eine besondere Größe.
David Guterson wurde am 4. Mai 1956 in Seattle geboren und schloss ein Studium der Anthropologie und Creative Writing an der George Washington University ab.
Aufgewachsen im pazifischen Nordwesten wurde David Guterson in seiner Kindheit stark vom Leben und Arbeiten auf See beeinflusst, was sich auch in seiner Arbeit widerspiegelt. „Schnee, der auf Zedern fällt“ spiegelt zudem auch seine eigenen Erfahrungen mit der japanischen Kultur wider. Denn er selbst unterrichtete auch schon einige Zeit in Toyama, Japan, was ihm die Möglichkeit gab, tiefer in die japanische Sprache und Kultur einzutauchen. Da dies auch zentrale Themen des Romans sind, lässt sich ein Zusammenhang herstellen.
Wer auch auf der Suche nach einem guten Krimi ist, der nicht nur ein Vergehen aufklärt, sondern auch die Perspektive wechselt und tief in die Gefühlswelt der betroffenen Personen eintaucht, der sollte „Schnee, der auf Zedern fällt“ von David Guterson unbedingt lesen. Ein Buch, das nicht nur wegen des spektakulären Endes im Gedächtnis bleibt, sondern wegen der tiefen menschlichen Erfahrungen und Emotionen, die es hervorruft.