Die Geschichte von Margaret Le Coz und Jean Bosmans, die im Paris der Sechzigerjahre aufeinandertreffen, hat mich von Anfang an gefesselt. Beide sind sie Verlorene in der großen Stadt, auf der Suche nach einem Platz im Leben. Margaret ist auf der Flucht vor einem Mann mit pockennarbiger Haut, während Bosmans sich von seiner Mutter und deren Begleiter verfolgt fühlt. Die beiden werden ein Liebespaar, doch ihre gemeinsame Zeit ist von kurzer Dauer. Margaret verlässt Hals über Kopf die Stadt, um nach Berlin zu gehen, und Bosmans hört nie wieder von ihr.
Vierzig Jahre später spürt Bosmans in Paris seiner verlorenen Jugend nach. Die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit Margaret lassen ihn nicht los und er beschließt, ihre Spur wieder aufzunehmen. Eine Reise in die Vergangenheit beginnt, die ihn in verschiedene Viertel der Stadt führt und in Kontakt mit Menschen bringt, die er seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat. Dabei stößt er auch auf Hinweise, die ihn schließlich zu einer Buchhandlung in Berlin führen.
„Der Horizont“ von Patrick Modiano ist ein Roman über die Suche nach der verlorenen Liebe und nach der eigenen Identität. Die Handlung ist dabei nicht linear erzählt, sondern in Rückblenden und Erinnerungen, die Bosmans während seiner Reise durch Paris durchlebt. Der Autor schafft es, eine melancholische Atmosphäre zu erzeugen, die mich als Leser tief berührt hat.
Modiano beschreibt die Stadt Paris als einen Ort der Sehnsüchte und Träume, aber auch der Einsamkeit und Verlorenheit. Die Protagonisten des Romans sind Menschen, die versuchen, sich in dieser Stadt zurechtzufinden, aber immer wieder an ihre Grenzen stoßen. Bosmans und Margaret müssen sich ihrer Vergangenheit stellen und sich mit den Ereignissen auseinandersetzen, die ihre Liebe zerstört haben.
Besonders beeindruckend fand ich die Art und Weise, wie Modiano die Figuren des Romans charakterisiert. Bosmans und Margaret sind ambivalente Persönlichkeiten, denen man einerseits Sympathie entgegenbringt, andererseits aber auch ihre Schwächen und ihr Versagen deutlich spürt. Durch die verschiedenen Begegnungen, die Bosmans während seiner Reise hat, wird die Vielschichtigkeit der Figuren noch verstärkt.
Patrick Modiano, geboren 1945 in Boulogne-Billancourt bei Paris, ist einer der bekanntesten französischen Autoren der Gegenwart. Seine Werke thematisieren oft die Bedeutung der Vergangenheit für das gegenwärtige Leben und die Suche nach der eigenen Identität. Modiano wurde für seine literarische Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der renommierte Prix Goncourt im Jahr 1978. „Der Horizont“ ist einer seiner neueren Romane und wurde im Jahr 2010 veröffentlicht.
Insgesamt ist „Der Horizont“ von Patrick Modiano sehr beeindruckend. Die Geschichte von Margaret und Bosmans hat mich emotional berührt und die Atmosphäre des Buches hat mich tief in ihren Bann gezogen. Modiano gelingt es, eine Welt voller Sehnsüchte und Träume zu schaffen, die aber auch von Einsamkeit und Verlorenheit geprägt ist. „Der Horizont“ ist ein Roman über das Leben, die Liebe und die Suche nach der eigenen Identität, der nicht nur lesenswert ist, sondern auch zum Nachdenken anregt.