„Die Geometrie des Verzichts“ von Debora Vogel ist eine fesselnde Sammlung von Gedichten und Essays, die die Leser in die Welt der Avantgarde entführt. Obwohl Vogel heute fast vergessen ist, verdient sie es, bekannter zu sein, insbesondere wegen ihrer einzigartigen Herangehensweise an Literatur und Kunst.
Bereits in ihren Gedichtsammlungen Tagfiguren und Schneiderpuppen zeigt Vogel ihr Faible für geometrische Figuren und Strukturen. In „Die Geometrie des Verzichts“ vertieft sie diese Themen und bietet eine ganzheitliche Betrachtung von Kunst, Literatur und Gesellschaft. Ihre Essays befassen sich mit der Rolle des Künstlers in der modernen Welt, der Bedeutung von Form und Struktur in der Kunstgeschichte und der Verbindung zwischen Sprache und Geometrie.
Einige der bemerkenswertesten Essays in dieser Sammlung sind „Das geometrische Universum“, in dem Vogel die geometrischen Grundlagen der Kunst beleuchtet, sowie „Logik und Kunst“, in dem sie sich mit der Beziehung zwischen Logik und Kreativität auseinandersetzt. Vogel bezieht sich auf bedeutende Philosophen wie Kant, Hegel und Wittgenstein, um ihre Argumente zu untermauern und ihre Theorien zu erklären, wie Kunst und Geometrie miteinander verwoben sind.
In ihren Gedichten zeigt Vogel auch ihre Fähigkeit, starke Emotionen durch die Verwendung abstrakter Themen auszudrücken. In „Windspiele“ beschreibt sie den Schmerz der Trennung und die zerbrechliche Natur des menschlichen Geistes. In „Gitterspiele“ dekonstruiert sie die Idee von Freiheit und Kontrolle und zeigt, wie die Geometrie unser Verständnis von Form und Raum beeinflussen kann.
Debora Vogel war nicht nur eine talentierte Schriftstellerin, sondern auch eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Sie wurde in Krakau geboren und studierte Kunstgeschichte und Philologie an der Universität Lviv. Als intellektuelle Jüdin fühlte sie sich jedoch oft isoliert und musste sich in einer Männerdomäne behaupten. Ihre Freundschaft mit dem Schriftsteller und Graphiker Bruno Schulz gab ihr jedoch die nötige Unterstützung und Inspiration, um ihre Schreibkraft zu entfalten.
Tragischerweise endete Vogels Leben abrupt, als sie zusammen mit ihrer Familie 1942 bei einer Deportation nach Belzec ermordet wurde. Ihre Schriften und Gedichte sind jedoch ein Zeugnis ihres mutigen Geistes und ihrer Fähigkeit, in einer schwierigen Zeit zu überleben und zu gedeihen.
Insgesamt ist „Die Geometrie des Verzichts“ ein faszinierendes Werk der avantgardistischen Literatur und Kunst. Debora Vogels einzigartige Perspektiven und Themen machen sie zu einer bemerkenswerten Stimme in der Literaturgeschichte. Es ist bedauerlich, dass sie aufgrund ihrer Entscheidung, auf Jiddisch zu schreiben, sowie ihrer gewaltsamen Unterdrückung fast in Vergessenheit geraten ist. Aber dank Werke wie „Die Geometrie des Verzichts“ kann ihr Vermächtnis erhalten bleiben.