Steffen Popps Roman „Ohrenberg oder der Weg dorthin“ führt den Leser auf eine Reise durch die geistigen Schleifen zweier Männer, die durch ein Telegramm und einen Skistock aus dem Winter ’42 miteinander verbunden sind. Graf Ohrenberg und Aschmann, einst Sekretär Ohrenbergs und später Kulturfunktionär sowie Vertreter für Kurzwaren, begeben sich auf die Suche nach dem Wunder und erkunden dabei ihre eigenen Geistschleifen.
Der Roman ist in einer sehr dichten und poetischen Sprache verfasst, die den Leser in ihren Bann zieht. Steffen Popp versteht es meisterhaft, eine Welt voller Symbole und Bedeutungen zu schaffen, die den Leser sowohl fasziniert als auch herausfordert. Die Erzählstruktur ist komplex und verschachtelt, was das Lesen des Romans zu einer Herausforderung macht, die jedoch belohnt wird.
In der Welt von „Ohrenberg oder der Weg dorthin“ gibt es keine klaren Grenzen zwischen Traum und Realität, Vergangenheit und Gegenwart. Die Geistschleifen sind eine Metapher für die Suche nach dem Sinn des Lebens, die Unsicherheit und das Gefühl der Verlorenheit, das viele Menschen empfinden. Der Roman beschäftigt sich mit großen Themen wie dem Tod, der Vergänglichkeit und der Endlichkeit der Existenz.
Besonders faszinierend ist die Figur des Grafen Ohrenberg, der als erster Gemeindearbeiter Salz auf die vereisten Wege streut und Funksprüche ausgibt. Er verkörpert die Idee des Menschen, der einfache, aber wichtige Arbeit verrichtet und dabei eine besondere Bedeutung und Würde hat. Ohrenberg ist auch eine Art Beschützer und Wächter, der auf die Bewohner seiner Gemeinde aufpasst und sie vor Gefahren bewahrt. Aschmann hingegen stellt das Gegenteil dar. Er ist ein Vertreter des Fortschritts und der Moderne, ein Mann, der immer auf der Suche nach etwas Neuem und Aufregendem ist. Doch auch er kann dem Wunder nur auf die Spur kommen, wenn er seine eigenen Geistschleifen erkundet und sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt.
Steffen Popp ist ein gefeierter deutscher Schriftsteller, dessen Wurzeln weit über seine Geburtsstadt Greifswald hinausreichen. Seine prägenden Jahre in Dresden ermöglichten ihm den Besuch einer renommierten naturwissenschaftlichen Schule, bevor er an die Universitäten Leipzig und Berlin wechselte, um Literatur bzw. Philosophie zu studieren. Sein Buch „Ohrenberg oder der Weg dorthin“ wurde mit zahlreichen Auszeichnungen und Nominierungen für wichtige Preise wie den Deutschen Buchpreis bedacht. Darüber hinaus wurden die Werke renommierter Dichter wie Elizabeth Bishop, Christian Hawkey und Ben Lerner von Steffen selbst übersetzt. Im Jahr 2017 erhielt er weitere Anerkennung durch die Nominierung von 118 Werken für den angesehenen Preis der Leipziger Buchmesse, was sowohl seine schriftstellerischen Fähigkeiten im Allgemeinen als auch sein Können als Übersetzer unter Beweis stellt.
Insgesamt ist „Ohrenberg oder der Weg dorthin“ ein faszinierendes und anspruchsvolles Buch, das den Leser auf eine Reise durch das menschliche Bewusstsein mitnimmt. Wer sich auf die Erzählung einlässt, wird mit einer vielschichtigen und tiefgründigen Geschichte belohnt, die noch lange nach dem Lesen nachwirkt. Steffen Popp ist ein Schriftsteller, der es versteht, die Grenzen zwischen Poesie und Prosa zu verwischen und dabei eine eigene Stimme zu finden, die unverwechselbar ist.